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Konzertkritik
Wedel-Schulauer Tageblatt
20. Dezember 2016
von shz.de
Mitmachkonzert kommt gut an
St.-Marien-Kirche. Volles Haus beim Familienkonzert von Kammerchor und -orchester.
Für die Kinder gab es klingelnde Glöckchen.
Wedel | Erneut ist es dem Duo Krivoborodov / Czermak gelungen, dem Publikum in der ausverkauften St.-Marien-Kirche ein musikalisches Meisterwerk facettenreich erklingen zu lassen. Dank Stefan Czermaks präziser Orchestereinstudierung und Valeri Krivoborodovs hervorragender Leistung als Chorleiter und Dirigent war Wolfgang Amadeus Mozarts letztes Werk ein absoluter Hörgenuss. So interpretierten der etwa 60-köpfige Kammerchor Wedel sowie das von Bläsern der Hamburger Symphoniker und des Philharmonischen Staatsorchesters unterstützte Kammerorchester die einzelnen Stücke der Totenmesse differenziert und fast meditativ intensiv.Weniger dramatisch dynamisch, aber dennoch gewohnt schwungvoll dirigierte Valeri Krivoborodov ein etwas anderes Weihnachtskonzert. Nicht Bachs getragenes, musikalisch hochanspruchsvolles Weihnachtsoratorium war diesmal in der Wedeler St.-Marien-Kirche zu hören, sondern ein schlichteres Programm mit bekannten weihnachtlichen Melodien.
Die Idee: Es sollte ein Konzert zum Mitsingen für Erwachsene und Kinder sein. Und tatsächlich stimmten viele Wedeler gemeinsam mit dem 50-köpfigen Kammerchor Wedel in der gut besuchten Kirche in die altbekannten Weihnachtslieder wie „O Tannenbaum“, „Ihr Kinderlein kommet“, „O du fröhliche, o du selige“ oder „Tochter Zion, freu dich“ ein.
Geschichten zum Lachen und Denken
Nach der Pause wurde das Konzert zusätzlich vom fröhlichen Gebimmel der Glöckchen begleitet, die Petra Fiebiger unter den Kindern verteilt hatte. Damit bei den Kleinen keine Langeweile aufkam, las die Wedeler Lehrerin außerdem während des Konzerts zwei weihnachtliche Geschichten vor, nachdenklich die eine, lustig die andere. Und die Kinder lauschten gespannt. Die Orchestereinstudierung lag wie immer in den bewährten Händen von Stefan Czermak. Für besondere Glanzlichter sorgten diesmal die drei jungen Trompeter Alexander Flamm, Hans Lehmann und Julius Scholz, Studenten des renommierten Hamburger Professors Matthias Höfs. Als Solisten waren der Violinist Horea Crishan vom NDR-Philharmonie-Orchester und der Klarinettist Christian Seibold vom Philharmonischen Staatsorchester Hamburg zu hören. Eine Besonderheit dabei: Crishan spielte zwei Stücke auf der Panflöte. Zart und tänzerisch schwebten die Klänge von „El Condor pasa“ und „Der Vogelfänger bin ich ja“ aus Mozarts Zauberflöte durch den Raum. Wunderbar lebendig und differenziert intonierte Christian Seibold zwei Sätze aus dem dritten Konzert für Klarinette und Orchester von Carl Philipp Stamitz. Wie ein frischer Wind, leicht swingend, fein. Die Singfreude des großen Chors kam besonders gut beim energiegeladenen „Jauchzet, frohlocket“ aus Bachs Weihnachtsoratorium und beim fulminant geschmetterten „Halleluja“ aus Händels Messias zur Geltung. Insgesamt ein schönes Konzert, das die Herzen der Besucher erreichte.
Konzertkritik
Wedel-Schulauer Tageblatt
8. November 2016
von Oliver Gabriel
Mozarts Requiem mit Starbesetzung
Kammerchor und Kammerorchester ließen die bewegende Totenmesse in der St.-Marien-Kirche erklingen
Wedel | Erneut ist es dem Duo Krivoborodov/Czermak gelungen, dem Publikum in der ausverkauften St.-Marien-Kirche ein musikalisches Meisterwerk facettenreich erklingen zu lassen. Dank Stefan Czermaks präziser Orchestereinstudierung und Valeri Krivoborodovs hervorragender Leistung als Chorleiter und Dirigent war Wolfgang Amadeus Mozarts letztes Werk ein absoluter Hörgenuss. So interpretierten der etwa 60-köpfige Kammerchor Wedel sowie das von Bläsern der Hamburger Symphoniker und des Philharmonischen Staatsorchesters unterstützte Kammerorchester die einzelnen Stücke der Totenmesse differenziert und fast meditativ intensiv.
Mozarts Requiem, das 1791 uraufgeführt wurde, ist die letzte Komposition des Österreichers. Er starb, bevor er die Totenmesse beenden konnte, so dass nur etwa zwei Drittel davon tatsächlich von ihm selbst stammen. Da es sich um eine Auftragsarbeit handelte, vervollständigte sein Schüler Franz Xaver Süßmayr das Werk. Ihm zu Ehren, dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 250. Mal jährt, erklang in der St.-Marien-Kirche zu Beginn des Konzerts feierlich zurückhaltend das von ihm komponierte „Ave verum corpus“.
Krivoborodov dirigierte wie gewohnt feinfühlig, aber durchaus temperamentvoll. Er forderte mit gepunkteten Fingerzeigen Leichtigkeit, mit raumgreifender Geste große Legato-Bögen sowie hüpfend und mit dem Taktstock wie mit einem Dolch zustechend temporeiche Dramatik. Das Ergebnis war eine gelungene, feine Interpretation des Requiems. Der Chor war insgesamt sehr präsent, man merkte den Sängern die Freude an der ergreifenden Musik und die Hochachtung vor der Thematik an. Überzeugend kraftvoll erklang das dramatische „Dies Irae“ und auch das um Erbarmen flehende „Kyrie“. Bezaubernd leicht und dennoch wie gewebt mit zarten Legato-Bögen hingegen dann das bewegende „Lacrimosa“.
Am feierlichen Gesamtklang hatten nicht zuletzt die hochkarätig besetzten Solopartien ihren Anteil, für die der Förderverein Kammerchor und Kammerorchester Wedel international renommierter Sänger der Staatsoper Hamburg hatte gewinnen können. So bezauberte die gebürtige Russin Anna Petrova mit ihrem vollen, lyrischen Sopran, der sich besonders strahlend im „Benedictus“ entfaltete. Die Österreicherin Dorottya Lang und der Chilene Bruno Vargas schufen mit ihren ausdrucksstarken Alt- und Bass-Stimmen einen tiefen, ruhigen Klang-teppich und setzten erdende Akzente.Dass es sich um Solisten auf Weltklasse-Niveau handelte, machte Dovlet Nurgeldijev deutlich. Eine fantastische Tenor-Stimme erfüllte die Kirche: auf den Punkt genau, klar, strahlend, ausdrucksstark und dabei wundervoll lyrisch sanft. Hinreißend, absolut perfekt! Der Turkmene ist seit sechs Jahren fest an der Staatsoper Hamburg engagiert und derzeit als Tamino in Mozarts „Die Zauberflöte“ zu hören.
Die Solisten: Dovlet Nurgeldijev (von links), Dorottya Lang, Anna Petrova und Bruno Vargas. Foto: shz.de
Konzertkritik
Wedel-Schulauer Tageblatt
15. März 2016
von Sarah Falkenberg
Johann Sebastian Bachs Johannespassion
in der Kirche St. Marien
Kammerchor und Kammerorchester Wedel führen Johann Sebastian Bachs Johannespassion
in der Kirche St. Marien auf
Wedel | Dunkel, wummernd meditativ begann die Aufführung von Jesus’ Leidensgeschichte in der Wedeler St.-Marien-Kirche. Valeri Krivoborodov dirigierte die Johannespassion gewohnt exakt, mal mit großer Geste, mal leichtfüßig. Energiegeladen wippte er auf den Zehenspitzen, hüpfte sogar ab und zu und malte mit beiden Armen große Bögen.
So animiert intonierten Kammerchor und Kammerorchester Wedel, unterstützt von den Bläsern der Hamburger Symphoniker, die Geschichte der Kreuzigung von Anfang an überzeugend und kraftvoll. Besonders der Beginn und der Einwurf des Chors „Wir dürfen niemand töten“ gelangen sehr eindringlich. Fast atemlos fiebrig klang die Szene, in der die Kriegsknechte den Rock des sterbenden Jesus unter sich verlosen.
Die fünf Gesangssolisten Marret Winger, Claudia Darius, Joachim Duske, Dávid Csizmár und Christoph Liebold beherrschten ihre Partien souverän, wobei die Leistung von Joachim Duske hervorzuheben ist. Dem Tenor gelangen die zahlreichen, nicht zuletzt wegen ihrer Höhe sängerisch sehr anspruchsvollen Rezitative des Evangelisten ganz hervorragend. Klar und deutlich kommentierte er im ausdrucksstarken Sprechgesang das Geschehen der Kreuzigung.
Valeri Kriviborodov dirigierte souverän Kammerchor und Kammerorchester Wedel. Foto: shz.de
Dávid Csizmár verlieh der Partie des Jesus mit seinem samtenen Bariton eine zurückhaltende, intensive Tiefe. Christoph Liebold gelang es mit seinem schönen, raumfüllenden Bass, Pilatus eine mitfühlende, starke Stimme zu geben. Schön transparent ließ Marret Winger die Arie „Zerfließe, mein Herze“ durch die Kirche schweben, während Claudia Darius mit voller Altstimme der Arie „Es ist vollbracht“ tiefe Dramatik verlieh. Die Stimmen ergaben eine interessante klangliche Vielfalt. Für die Orchestereinstudierung ist wie gewohnt Stefan Czermak zu danken, während Krivoborodov die Gesamtleitung des anspruchsvollen Konzerts hatte.
Für einen Moment der irritierten Erheiterung während der ansonsten tiefernsten Aufführung sorgte eine ungewollte Generalpause, da der Einsatz der Orgel auf sich warten ließ. Eine schöne Möglichkeit für den Dirigenten, Souveränität und unerschütterliche Freundlichkeit zu beweisen: Krivoborodov blickte gelassen, aber hoffnungsvoll zur Empore, lächelte freundlich, um Verständnis bittend ins Publikum, wartete so, bis die Orgel endlich doch einsetzte, und dirigierte weiter. Haltung zu bewahren, ist eben generell eine wichtige Tugend.